20 Jahre danach: der Irakkrieg und die Folgen

Diese Veranstaltung liegt in der Vergangenheit.

Gescheiterte Antikriegsbewegung, instrumentalisierte Hilfe und die irakische Protestbewegung

Kurz vor dem Beginn des Irakkriegs 2003 mobilisierte die weltweite Antikriegsbewegung 15 Millionen Menschen. Allein in Berlin gingen im Februar über 500.000 Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen eine US geführte Militärintervention. Am 20. März 2003 begann die Militärintervention unter nachweislich falschen Behauptungen. Sie führte zum Sturz Saddam Husseins, kostete Hunderttausende das Leben und veränderte unter US-Dominanz das wirtschaftliche und politische System des Landes.

Humanitäre Hilfe konnte damals nur in Absprache mit den kriegführenden Armeen durchgeführt werden und wurde damit zu einem politischen Instrument im Krieg. Die Baath-Partei wurde verboten, der öffentliche Dienst brutal gesäubert und die irakischen Streitkräfte und Sicherheitsdienste aufgelöst – so sollte die neoliberale Transformation des Irak vollzogen werden.

Für die linke Bewegungen im globalen Norden wurden die Positionierungen zum Krieg identitätsstiftend, jedoch abgekoppelt von der irakischen Linken. Diese protestierte gegen den neokolonialen Krieg, gegen Saddam Husseins Regime und sah sich mit aufkommenden radikal- islamistischen Gruppierungen konfrontiert.

Seit 2011 finden auch im Irak immer wieder große Proteste statt. 2019 gab es monatelang anhaltenden Platzbesetzungen in allen größeren Städten des Zentralirak, die gegen die Ungerechtigkeiten der politischen und neoliberalen Ordnung demonstrierten. Eine neue Generation von progressiven Kräften im Irak kämpft für eine Umkehrung der imperialen Post-2003 Ordnung. Dennoch blieb die Solidarität der europäischen Linken weitestgehend aus. Wir diskutieren unterschiedliche Perspektiven auf die Militärintervention, die Antikriegsbewegung und die folgenden 20 Jahre im Irak.

Sprache: Deutsch/ Arabisch mit Simultanübersetzung

Podiumsteilnehmer:innen:

  • Gilbert Achcar, ist Professor für Entwicklungspolitik und Internationale Beziehungen an der School of Oriental and African Studies (SOAS) in London. 2003 tourte er mit irakischen Linken durch Frankreich, um gegen den Irak-Krieg zu mobilisieren. Er ist Autor von “New Cold War: The United States, Russia and China – From Kosovo to Ukraine” (2023) und “The People Want: A Radical Exploration of the Arab Uprising” (2013).
  • Jamal Al-Sayigh versteht sich als sozialistischer Aktivist der Harakat Al-Amal (Arbeiterbewegung), die sich während der Oktoberproteste 2019 im Irak gegründet hat.

 

Als Bewegung versuchen sie einen Raum zu schaffen, für die seit den Protesten verfolgten Aktivist:innen, sich zu treffen und auszutauschen. Zudem organisieren sie junge Menschen in ihren Nachbarschaften. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der politischen, marxistischen Bildung. Er ist im Bagdader Bezirk Sadr City, der als Hochburg von Muqtada Sadr gilt, aufgewachsen und dort politisch aktiv. Die Folgen des Irakkriegs beeinflussen die jüngere politische Generation im Irak bis heute.

Katja Maurer war Leiterin der Öffentlichkeitsabteilung und Chefredakteurin des Rundschreibens bei der Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation “medico international”. 2003 gehörte sie zu den Organisatorinnen der Konferenz “Macht und Ohnmacht der Hilfe” die auf den Beginn des Irakkrieges fiel und die Grundlagen für eine kritische Beschäftigung mit Hilfe und ihrer Einbettung in Kriegs- und Postkriegskontexte legte.  Sie ist Co-Autorin des Buches „Haitianische Renaissance – der lange Weg zur postkolonialen Befreiung“ und hat sich in vielen Texten mit der ambivalenten Wirkung von Hilfe auseinandergesetzt.

Schluwa Sama ist zwischen Kurdistan-Irak und Deutschland aufgewachsen. Die promovierte Polit-Ökonomin publiziert in diversen Medien und arbeitet bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Beirut. Dort beschäftigt sie sich mit der politischen Ökonomie von Nahrung und Hilfe im Irak. Welche Auswirkungen hatte 2003 auf Bäuer*innen und die landwirtschaftliche Produktion im Land? Sie blickt auf die irakisch-kurdische Perspektive der US-Intervention und diskutiert diese im Verhältnis zur internationalen Antikriegsbewegung.

Die Veranstaltung ist kostenfrei.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung und medico international.

Schlagworte:

Event-Infos

3. Juni 2023 18:30
3. Juni 2023 21:00
Oyoun
Lucy-Lameck-Straße 32, 12049 Berlin

Veranstalter

medico international
info@medico.de
Es geht um Solidarität. Für uns als Hilfs- und Menschenrechtsorganisation bedeutet das, uns an der Seite der Betroffenen von Unterdrückung und Krieg sowie der Ausgeschlossenen des globalisierten Kapitalismus für eine gerechte Welt einzusetzen. Ausgangspunkt ist unsere Überzeugung, dass die gleichen Rechte gelten und geltend zu machen sind – für alle Menschen, an jedem Ort. Unser Ziel ist es, gesellschaftliche Verhältnisse zu schaffen, die ein Leben in Würde und Recht, frei von Armut und in bestmöglicher Gesundheit ermöglichen.